In Ruhe und Geborgenheit


Schon vor der Schwangerschaft war mir klar, dass ich ungerne in einem Krankenhaus entbinden möchte. Ich stelle mir für die Geburt eine Umgebung vor, in der ich mich wohl und aufgehoben fühle. Einen Ort, an dem unser Kind in Ruhe und in Geborgenheit zur Welt kommen kann. Mit einer Hebamme, die ich kenne, die mir sympathisch ist und der ich vertraue. Die Geburt ist schließlich der wahrscheinlich schönste, einzigartigste und – ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll – krasseste Moment in meinem bzw. unserem Leben. Und diesen Moment möchte ich nicht in einer Krankenhausatmosphäre mit mir fremden Menschen erleben, im schlimmsten Fall sogar aus ökonomischen Gründen eines Krankenhauses mit medizinischen Interventionen vorangetrieben und fremdbestimmt.

Deshalb meldete ich mich einen Tag nach dem positiven Test beim Geburtshaus, denn wir hatten schon einiges gutes darüber gehört. Ich freute mich sehr darüber einen Platz für den Tag der offenen Tür zu bekommen, da ich wegen des allgemein herrschenden Hebammenmangels schon Angst hatte, dass das nicht klappen könnte. Beim Tag der offenen Tür lernten wir dann Bea und die Räumlichkeiten des Geburtshauses kennen und ich konnte mir vom ersten Augenblick vorstellen dort unsere Tochter zur Welt zu bringen. Bei diesem ersten Kennenlernen wurde bereits deutlich, dass für das Geburtshaus an oberster Stelle das Wohl des Kindes und der werdenden Mutter steht und dass das eben auch bedeuten kann, dass man aus medizinischen Gründen nicht im Geburtshaus entbinden kann. Dieses Wissen, dass an erster Stelle unser Kind steht, bestätigte mich vollständig und wir entschieden uns für die Entbindung im Geburtshaus. Besonders wichtig war mir und meiner Frau, dass auch sie möglichst viele Vorsorgetermine miterleben kann. Und auch hier sind wir positiv überrascht worden, denn trotz Corona sollte meine Frau an möglichst vielen Terminen in der Schwangerschaft mitkommen und auch die Begleitung bei der Geburt ist die ganze Zeit möglich. Das war für mich die absolute Horrorvorstellung, dass meine Frau nicht die ganze Zeit bei der Geburt anwesend sein darf. (Nur am Rande erwähnt, es war natürlich im Geburtshaus völlig schnuppe, dass wir kein Heteropaar sind. 😉 )

Während der nächsten Vorsorgetermine und des Geburtsvorbereitungskurses lernten wir nicht nur Bea besser kennen, sondern auch Sarah und Katharina und wir freuten uns auf jeden einzelnen Termin im Geburtshaus. Bei allen 3 fühlten wir uns super aufgehoben und wir konnten während der Vorsorgen alle Fragen los werden und bekamen sie in Ruhe erklärt. Was uns bei den Vorsorgen übrigens auch auffiel war wie toll die Hebammenschülerinnen eingebunden wurden und dass sie ihre eigenen Erfahrungen sammeln durften.
Den Geburtsvorbereitungskurs haben wir dann bei Bea begonnen und durften ihn bei Katharina beenden, denn ich hatte am zweiten Tag des Vorbereitungskurses bei Bea leider so Zahnschmerzen, dass wir daran nicht teilnehmen konnten. Nach dem Kurs bei Katharina haben wir uns bestens vorbereitet gefühlt. Der Kurs am Wochenende war super informativ und gleichzeitig in einer ganz entspannten lockeren Atmosphäre, so dass man sich auch getraut hat, jede Frage zu stellen, die einem im Kopf so rumgegeistert ist. Am Ende dieses Kurses sind wir beide nach Hause gefahren und hatten das Gefühl, dass die Geburt jetzt kommen kann, und ehrlich gesagt habe ich mich seitdem einfach nur auf die Geburt gefreut. Mir war danach noch mehr klar, dass man eine Geburt nicht planen kann, und so war ich frei von allen Erwartungen.

2 Tage vor dem ET bekam ich in unregelmäßigen Abständen Rückenschmerzen und freute mich darüber, denn in dem Kurs hatten wir schließlich gelernt, dass das erste Anzeichen für die Geburt sein können. Die nächsten beiden Tage und Nächte begleiteten mich diese Rückenschmerzen in mal kürzeren und mal längeren Abständen und auch die Intensität schwankte sehr. Weder sitzen noch liegen war angenehm und auch der Schlaf kam ziemlich kurz. Da ich ansonsten keine weiteren Anzeichen für die Geburt hatte, stellte ich mich darauf ein, dass es noch dauern würde. Am Abend vor dem ET waren die Rückenschmerzen ziemlich stark, aber in weiten unregelmäßigen Abständen, so dass ich mich schon fragte, ob die Rückenschmerzen wirklich Anzeichen für die Geburt sind oder ich mir doch einfach irgendetwas eingeklemmt hatte. Da die Abstände aber so weit auseinander lagen, hoffte ich zwischendurch ein bisschen schlafen zu können und so sind meine Frau und ich früh ins Bett. Gegen 23.15 Uhr platzte meine Fruchtblase, als ich gerade auf dem Weg war aus dem Bett in Richtung Toilette. Völlig verdattert stand ich da, denn damit hatte ich in der Nacht überhaupt nicht gerechnet.
Oh mein Gott, es geht wirklich los.
Meine Frau bewahrte zum Glück die Ruhe, denn ich fing an zu zittern, und sie schälte mich aus den nassen Klamotten und legte mich erstmal wieder ins Bett. Das Fruchtwasser war klar und ich hatte bis dahin schließlich keine regelmäßigen Wehen, so dass wir, wie wir im Kurs gelernt hatten, uns erstmal nochmal hinlegen wollten um abzuwarten. Vorher wollte meine Frau aber noch die letzten wichtigen Sachen in die prall gefüllte „Kliniktasche“ packen und den Autositz mit Handtüchern bestücken. Währenddessen hatte ich ungefähr alle 5 Minuten einen harten Bauch und Rückenschmerzen, so dass wir gegen 0.00 Uhr die Bereitschaftsnummer wählten und Bea am Telefon hatten. Wir schilderten ihr die Lage und verabredeten, dass wir uns in Ruhe auf den Weg machen. Bis zum Geburtshaus brauchen wir ungefähr 45 Minuten, wenn wir gut durchkommen. Schon auf den ersten 500 Metern wurde mir während der Autofahrt richtig übel und ich hatte das dringende Bedürfnis eine Toilette aufzusuchen. Jetzt im Nachhinein ist mir klar, dass ich nicht auf die Toilette musste, sondern der Kopf bereits drückte. Diese Autofahrt war für mich die gefühlt längste meines Lebens. Als wir endlich am Geburtshaus ankamen, nahm uns Bea in Empfang und ich wollte erstmal auf die Toilette. Zu diesem Zeitpunkt war mir immer noch nicht klar, dass da alle paar Minuten bereits der Kopf drückte und nicht etwas anderes. Bea jedoch sehr wohl und so brachte sie mich mit meiner Frau in den Geburtsraum, tastete mich ab und teilte uns mit, dass der Muttermund vollständig geöffnet ist und der Kopf bereits tief im Becken.

Ähm bitte was?

Ich war völlig überrumpelt von der Situation und hatte schon wieder ein unheimliches Druckgefühl nach unten. Im Vierfüßler verbrachte ich die nächsten Wehen und bekam währenddessen immer wieder Tipps von Bea, wie ich besser mitschieben konnte. Kurz bevor unsere Tochter zur Welt kam, wechselten wir nochmal die Position und ich setzte mich auf den Geburtshocker. Meine Frau saß im Sessel hinter mir und stützte mich dabei ab. Mit einem Spiegel ließ Bea uns den Kopf sehen und das gab mir für die nächste Wehe den letzten Ansporn und unsere Tochter kam zur Welt. Völlig überwältigt und überglücklich lag ich bei meiner Frau in den Armen mit unserer Tochter auf dem Bauch. Ganz in Ruhe und voller Glück und Liebe verbrachten wir so die ersten Minuten als Familie bis die Nabelschnur auspulsiert war und meine Frau sie durchtrennte. Wir wechselten dann gemeinsam ins Bett, wo auch die Nachgeburt kam. Hier verbrachten wir die nächsten 1,5 Stunden zu dritt. Wir kuschelten, bondeten und ich legte die Kleine das erste Mal an. Katharina, die 10 Minuten vor der Geburt eingetroffen war, was ich nur noch am Rande mitbekommen hatte, führte dann die U1 im Beisein meiner Frau durch und Bea versorgte währenddessen mich. Danach bekamen wir zur Stärkung eine leckere Suppe und durften im Bett noch etwas weiter kuscheln. Gegen 6 Uhr in der Früh sind wir dann völlig glücklich und beseelt als Familie in unser Auto gestiegen und nach Hause gefahren.

Liebe werdende Mamis und Papis, wenn ihr das hier lest und überlegt im Geburtshaus euer Kind zur Welt zu bringen, dann können wir euch das nur aus vollem Herzen empfehlen. Für mich bzw. uns war das genau der richtige Ort und unser Kind kam in Ruhe und Geborgenheit zur Welt und zwar mit Hebammen an unserer Seite, die uns super sympathisch sind und denen wir voll vertrauen konnten, so dass wir uns zu jeder Zeit gut aufgehoben und sicher gefühlt haben.

Liebe Bea, liebe Katharina, liebe Sarah,
wenn wir unsere Tochter ansehen und an die Schwangerschaft und Geburt zurück denken, empfinden wir pures Glück und tiefe Dankbarkeit. Danke, dass ihr uns durch die Schwangerschaft begleitet und uns eine so schöne Geburt bei euch ermöglicht habt. Bei jeder von euch merkt man, mit wie viel Herzblut und Leidenschaft ihr euren Beruf ausübt. Wir hoffen sehr, dass wir, wenn unser zweites Kind irgendwann unterwegs sein sollte, wieder kommen dürfen.

2 glückliche Mamis